Vielfalt in der Ederaue
Das Grundstück in der Ederaue bei Altenteich zwischen Erndtebrück und Hilchenbach-Lützel ist mit etwa 3,5 Hektar das bisher größte in Eigentum des NABU Siegen-Wittgenstein. Ende 2012 konnte es der NABU mit finanzieller Förderung durch die NRW-Stiftung Naturschutz, Heimat- und Kulturpflege erwerben. Das Flurstück grenzt im Norden an die B 62, die Eder fließt mäandrierend hindurch, und stößt im Süden an einen Fichtenbestand.
Im Spätsommer fallen schon von weitem die großen, blau blühenden Bestände des Blauen Eisenhuts auf. Ansonsten wirkt die Fläche auf den ersten Blick recht einheitlich, bei näherem Hinsehen zeigt sich jedoch die Vielfalt und der Artenreichtum des ganz überwiegend feuchten bis nassen Grünlandes. Hierbei spielen die Bewirtschaftung sowie kleinräumig wechselnde Feuchteverhältnisse eine Rolle.
Etwa die Hälfte der Fläche, zwischen B 62 und Eder gelegen, wird den Sommer über extensiv mit Rindern beweidet, der südliche Bereich liegt brach. Erwartungsgemäß zeigt der bewirtschaftete Teil die größere Vielfalt. Mit Schlangenknöterich (Bistorta officinalis), Rasenschmiele (Deschampsia cespitosa), Sumpf-Dotterblume (Caltha palustris), Bitterem Schaumkraut (Cardamine amara), Flammendem Hahnenfuß (Ranunculus flammula), Mädesüß (Filipendula ulmaria) und Flatterbinse (Juncus effusus) sind hier typische Arten der extensiven Feuchtweiden vertreten, wobei aber keine der Arten größere Dominanzbestände bildet. Weiterhin findet man Sumpf-Blutauge (Comarum palustre), und natürlich sind auch Seggen, wie die Wiesensegge (Carex nigra), Schnabelsegge (Carex rostrata) und Igel-Segge (Carex echinata) zu finden.
Der unbewirtschaftete Teil beherbergt den größten Teil des hier wachsenden Blauen Eisenhutes (Aconitum napellus). Rohrglanzgras (Phalaris arundinacea) und Mädesüß konnten hier, bedingt durch das brach Liegen, bereits größere Bestände bilden, darüber hinaus findet man weitere Arten des Feuchtgrünlandes.
Magere Böschungen, unter anderem mit Borstgras (Nardus stricta), findet man randlich sowohl zur Straße als auch zum Wald hin.
Landwirtschaft und Naturschutz auf dem Litzelhof
Den nördlichen Teil der Fläche bewirtschaftet Achim Six aus Erndtebrück-Benfe, der auf seinem Biokreis-Betrieb Landwirtschaft, Naturschutz und den Erhalt alter gefährdeter Nutztierrassen in vorbildlicher Weise miteinander verbindet.
Den Mittelpunkt seines Betriebes bildet eine Mutterkuh-Herde der Rasse Rotes Höhenvieh. Das Rote Höhenvieh war bis in die Mitte
des vorigen Jahrhunderts in unserer Mittelgebirgsregion weit verbreitet und wurde als Milch- und Fleischlieferant sowie als Arbeitstier eingesetzt. Die Arbeitsleistung der Tiere wurde mit dem
Einzug der Traktoren in die Landwirtschaft nicht mehr benötigt, die Milchproduktion kann mit der der modernen Hochleistungskühe nicht mithalten und die Tierzahlen gingen stark zurück. Für den
Einsatz auf Flächen wie die in der Ederaue sind die robusten und vitalen Tiere aber bestens geeignet, und liefern dabei ein langsam gewachsenes, hochwertiges Fleisch. Drei Rinder aus dieser Herde
haben vom Frühjahr bis in den Herbst 2013 die NABU-eigene Fläche beweidet.
Die Fläche wird im Rahmen des Vertragsnaturschutzes (Kulturlandschaftsprogramm) bewirtschaftet, d. h. der Landwirt entscheidet sich freiwillig für die Teilnahme an einem Programm, bei dem er bestimmte Naturschutz-Auflagen einhalten muss und dafür ein Entgelt bekommt. Das Geld entschädigt ihn dafür, dass er aufgrund der naturschutzgerechten Bewirtschaftung weniger Ertrag erzielt als bei einer intensiven Bewirtschaftung und beinhaltet darüber hinaus noch eine „Anreizkomponente“, d. h. das Entgelt ist in der Regel höher als der Ertragsausfall. Der Vertragsnaturschutz ist ein sehr erfolgreiches Programm, vom dem sowohl der Naturschutz, insbesondere die Biodiversität, als auch der Bewirtschafter einen Nutzen haben.
Zum Litzelhof, den Achim Six bewirtschaftet, gehören etwa 50 Hektar Grünland und 4 Hektar Ackerfläche. Etwa 60% des Grünlandes liegen im FFH-Gebiet „Rothaarkamm und Wiesentäler“. Es sind vor allem feuchte und nasse Wiesen und Weiden im Eder- und Lahntal, die der Bauer bewirtschaftet, somit die Artenvielfalt bewahrt und die Täler offen hält. Aus Sicht des Naturschutzes sind dies die guten, aus Sicht der Landwirtschaft die schlechten Flächen. Viele Flächen des Betriebs gehören zum Staatsforst und die Zustimmung des Landesbetriebes Wald und Holz NRW hat deren landwirtschaftliche Nutzung und die Entwicklung des Betriebes vom Neben- zum Haupterwerbsbetrieb möglich gemacht.
Neben dem Roten Höhenvieh leben Schwäbisch-Hällische Schweine und Moorschnucken auf dem Litzelhof, allesamt Rassen, die auf der „Roten Liste der gefährdeten Nutztierrassen“ (laut „Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen e. V. (GEH)“) stehen. Fleisch und Wurst werden direkt ab Hof vermarktet.
Text und Bilder: Eva Lisges, 2013