Lang ist mittlerweile die Geschichte, die den ehemaligen Truppenübungsplatz bei Siegen-Trupbach und den Naturschutz miteinander verbindet.
Landschaftliche Schönheit und weite Blicke über das Siegerland laden zu ausgedehnten Spaziergängen über die Trupbacher Heide ein. Foto: Eva Lisges
1994 haben die belgischen Streitkräfte das Gebiet verlassen, bis 2003 wurde ein Teil des Gebietes durch die Bundeswehr genutzt. Die Stadt Siegen wollte das Gebiet für einen Gewerbepark nutzen.
Dies rief engagierte Bürgerinnen und Bürger und Verbände auf den Plan, die den hohen Wert der „Trupbacher Heide“ für Natur- und Landschaftsschutz, Artenvielfalt und Naherholung erkannten, und die
sich mit viel, viel Tatkraft und Sachverstand für den Erhalt des Gebietes einsetzten – und letztendlich erfolgreich waren!
Im Jahr 2003 nahm die EU negativ Stellung zu den Gewerbeparkplänen, das FFH-Gebiet „Heiden und Magerrasen bei Trupbach“ wurde in einer Größe von 85 ha ausgewiesen. „FFH-Gebiet“ steht für „Fauna-Flora-Habitat-Gebiet“, dies sind Gebiete für den Schutz der Natur nach der europäischen „FFH-Richtlinie“.
Das gesamte Gebiet umfasst etwa 300 ha. Knapp ein Drittel der Fläche ist naturschutzfachlich wertvolles Offenland auf einem Hochplateau, das als Schutzgebiet ausgewiesen wurde, der Rest umfasst
Wald.
Die wertvollen Biotope (=Lebensräume) wie vor allem die Heiden, Borstgrasrasen und das Magergrünland sind durch die militärische Nutzung entstanden: das Gebiet wurde durch und für die militärische Nutzung offen gehalten, ein Nährstoffeintrag durch Düngung unterblieb. Es entwickelten sich magere Standorte, auf denen Tiere und Pflanzen vorkommen, die in unserer „Normallandschaft“ keinen Lebensraum haben und dementsprechend oft auf unseren „Roten Listen“ zu finden sind. Kreuzblümchen (Polygala vulgaris und P. serpyllifolia), Hundveilchen (Viola canina), Berg-Sandknöpfchen (Jasione montana) und Bauernsenf (Teesdalia nudicaulis) seien als Beispiele aus der Flora genannt. Artenreich ist auch die Schmetterlingsfauna im Gebiet u. a. mit Schwalbenschwanz (Papilion malachon), Dukatenfalter (Lycaena virgaurea) oder Kaisermantel (Argynnis paphia).
Die Besenheide ist eine typische Art im Gebiet, zur Blütezeit im Spätsommer verleiht sie dem Gebiet einen besonderen Reiz. Fotos: Ralf Kubosch
Besondere Aufmerksamkeit unter den Naturliebhabern erfährt die Heidelerche, eine in Südwestfalen sehr seltene Art, die am Boden auf extrem vegetationsarmen Stellen brütet. Mit Spannung erwarten die Ornithologen im Frühjahr ihre Rückkehr und beobachten die Anzahl der Brutpaare, welche in den vergangenen Jahren bei jährlich etwa 5 gelegen hat.
Erwähnenswert sind auch die Kleingewässer im Gebiet, die sich in (durch die Panzer) verdichteten Bodendellen gebildet haben, seltene Zwergbinsengesellschaften beherbergen und Orte der
Fortpflanzung zum Beispiel von Libellen und Amphibien darstellen.
Foto: Eva Lisges
Die Trupbacher Heide liegt zum Teil im Stadtgebiet von Siegen, wo das Naturschutzgebiet „Heiden und Magerrasen bei Trupbach“ in einer Größe von 80,9 ha ausgewiesen wurde, zum anderen Teil im Gebiet der Stadt Freudenberg, wo das 51,5 ha große Naturschutzgebiet „Kirrberg“ direkt an das Siegener Schutzgebiet angrenzt. Mit der Ausweisung als Naturschutzgebiet wurden die Vorgaben nach der europäischen FFH-Richtlinie in nationales Recht umgesetzt.
Mit der Ausweisung als Schutzgebiet ist für den Naturschutz ein wichtiger Schritt getan, das Projekt „Trupbacher Heide“ aber lange nicht abgeschlossen.
Wie so oft bedarf es in unserer heute vom Menschen stark geprägten Umwelt auch auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz weiterer „Maßnahmen“, um den Wert des Gebietes im Sinne des Naturschutzes zu erhalten oder gar noch zu optimieren. Überließe man das Gebiet sich selbst, würde es rasch verbuschen, die hier charakteristischen und geschützten Arten würden verdrängt.
Seit einigen Jahren bewirtschaftet die Schäferei Küthe die Heiden, Magerrasen und das Grünland der Trupbacher Heide. Etwa 350 Mutterschafe, vor allem Merino-Landschafe und einige Schwarzköpfe sind hier gemeinsam mit einigen Ziegen, welche besonders an den Gehölzen knabbern, als Landschaftspfleger unterwegs. Durch ihre Beweidung tragen sie maßgeblich zur Offenhaltung des Gebietes und zur Erhaltung der Artenvielfalt bei. Durch Mahd einiger Flächen wird Winterfutter für die Tiere gewonnen.
Schafe tragen als "Landschaftspfleger" zum Erhalt der Trupbacher Heide bei.
Foto: Familie Küthe
Die Schäferei Küthe mit Sitz in Siegen-Meiswinkel hält neben den Landschafen auch eine Milchschafherde außerhalb des Heidegebietes. Die erzeugten Produkte aus beiden Betriebszweigen, Lammfleisch, Wurst und Milchschafprodukte, werden im eigenen Hofladen verkauft.
Da die Beweidung allein jedoch nicht ausreicht, werden darüber hinaus regelmäßig Gehölze entnommen und Entbuschungen durchgeführt.
Unzählige Stunden investierten Ehrenamtliche über die letzten Jahrzehnte mit praktischen Arbeiten auf der Trupbacher Heide. Foto: NABU Siegen-Wittgenstein
Der ehemalige Truppenübungsplatz gehört zum Nationalen Naturerbe. Dies sind Flächen für den Schutz der Natur, die aus dem Eigentum der Bundesrepublik an die Bundesländer, an Stiftungen oder Naturschutzverbände übergeben werden, welche die Flächen unter naturschutzfachlichen Gesichtspunkten erhalten und optimieren.
Derzeit – zu Redaktionsschluss Ende Januar – gehört die Trupbacher Heide noch zum Eigentum der Bundesrepublik und soll in naher Zukunft an die Nordrhein-Westfalen-Stiftung Naturschutz, Heimat- und Kulturpflege (kurz: NRW-Stiftung) übergeben werden.
Eva Lisges, Januar 2015