Eine bemerkenswerte Libellenbeobachtung gelang Karl Georg Böttger im Sommer 2021 im Altkreis Siegen. Er sah am 12.07.2021 in Langenholdinghausen ein Männchen der Kleinen Zangenlibelle (Onychogomphus forcipatus). Die Libelle wurde auf einer Schotterfläche mit Ruderalflora beobachtet.
Foto: Karl Georg Böttger
Hier fand sie gute Nahrungsbedingungen vor. In der Nähe fließt der ca. ein bis zwei Meter breite Birlenbach, der als Fortpflanzungsgewässer aber eher nicht in Frage kommt. Geeignete Habitate finden sich vor allem in den größeren Bächen und kleinen bis mittleren Flüssen der Mittel-gebirgslandschaften. Die erwachsenen Libellen benutzen oft besonnte Kiesbänke als Sitzwarten, ein weiterer Mosaikstein für die Besiedlung, der am Birlenbach fehlt.
Zwei spätere Besuche der Fläche und ihrer Umgebung am 17.07.2021 und 18.07.2021 bei warmem und sonnigem Wetter erbrachten keinen Nachweis mehr, so dass wahrscheinlich von einem umherstreifenden Individuum ausgegangen werden kann.
Die meisten der 2016 bekannten Vorkommen in NRW liegen an der Oberen Eder in Wittgenstein. Umso erstaunlicher, dass bisher aus jüngerer Zeit trotz der räumlichen Nähe kein Nachweis aus dem Siegerland bekannt geworden ist. Im Buch „Die Libellen Nordrhein-Westfalens“ ist für das Siegerland der bis dato letzte Nachweis aus der Zeit bis 1949 angegeben.
Die Kleine Zangenlibelle dürfte bis Anfang des 20. Jahrhunderts in NRW weitverbreitet gewesen sein. Zwischen den 1960er Jahren und 1994 fehlen dann Nachweise, vielleicht auch bedingt durch Erfassungslücken.
Seit den 1980er Jahren wurden die Fließgewässer wieder sauberer. Ihr Ausbau wird sukzessive vielerorts rückgängig gemacht. Und auch die wärmeren Sommer dürften die positive Bestandsentwicklung der Kleinen Zangenlibelle im eher kühlen Mittelgebirge unterstützt haben.
In Hessen wurde die Art 1980 an der Oberen Eder wiederentdeckt. 1995 wurden die ersten Tiere in Wittgenstein an der Eder bei Beddelhausen und Arfeld gefunden. Der erste Nachweis der Bodenständigkeit für Nordrhein-Westfalen nach dem vermuteten Verschwinden gelang 1998 bei Beddelhausen. An der Eder in Wittgenstein befindet sich auch das für NRW höchste bekannte Vorkommen mit Bodenständigkeitsnachweis bei etwa
410 m ü. NN.
Trotz der positiven Bestandsentwicklung ist die Art weiterhin sehr selten und in der Roten Liste für NRW in der Kategorie „vom Aussterben bedroht“ eingestuft.
Literatur
Belz, A. & M. Fuhrmann (2000): Libellen. Beiträge zur Tier- und Pflanzenwelt des
Kreises Siegen-Wittgenstein, Band 6.
Conze, K.-J. & N. Grönhagen (2011): Rote Liste und Artenverzeichnis der Libellen – Odonata –
in Nordrhein-Westfalen. Stand April 2010. In: Rote Liste der gefährdeten Pflanzen, Pilze und
Tiere in Nordrhein-Westfalen, 4. Fassung. LANUV Fachbericht 36 (2): 511-534.
Menke, N., C. Göcking, N. Grönhagen, R. Joest, M. Lohr, M. Olthoff & K.-J. Conze (2016):
Die Libellen Nordrhein-Westfalens. LWL-Museum für Naturkunde, Münster.
Text: Ludger Behle-Erwes